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Nektar
Die Band Nektar gilt gemeinhin als Produkt deutscher Rockmusik. Tatsächlich hatte die Band ihren Stand- ort in Deutschland, setzte sich jedoch ausschließlich aus britischen Musikern zusammen. 1964 war Bassist Moore mit der Band Beast auf Tournee quer durch Europa. Dabei traf er in Frankreich auf seinen Lands- mann, den Schlagzeuger Howden. Als das Geld knapp wurde, blieben beide Musiker in Hamburg hängen. Vier Jahre später lernten sie bei einer Session im legendären Star Club den Keyboarder und Pianisten Free- man und den Gitarristen und Sänger Albrighton kennen. Wieder ein Jahr später formierten sie eine Band und integrierten Anfang 1970 den Londoner Lightshow-Spezialisten Mick Brocket als Bandmitglied. Mu- sikalisch orientierte sich die Band anfänglich an den Beatles, King Crimson und Vanilla Fudge.
Nach einem Auftritt im PN Hithouse in der Münchner Leopoldstraße nahm sie 1970 ein US-Manager unter Vertrag, flog mit ihnen in die USA und nahm ein Album auf, das allerdings unveröffentlicht blieb. Wenig später zogen sie wieder nach Deutschland in ein Haus im Ober-Beebacher Tal am Ortsrand des südhessi- schen Seeheim-Jugenheim, "weil es dort sehr schön ruhig war und man viel Zeit hatte, neue Ideen zu entwickeln" (MOORE). 1971 engagierten sie mit Keith Walters einen weiteren Lightshow-Experten und machten ihn zum sechsten Bandmitglied.
Das 71er Debütalbum der Band, 'Journey To The Center Of The Eye', war ein durchgehendes Konzeptal- bum, mit nahtlos ineinander übergehenden Stücken, dessen Klangstrukturen an psychedelischen Rock er- innerten und das die Science-Fiction-Geschichte vom Irrflug eines Astronauten in die Weiten des Alls erzählte, der von Außerirdischen überwäl- tigendes Wissen vermittelt bekommen hatte. Die Produzenten Dieter Dierks und Peter Hauke (ex-The Shouters, -Jeronimo) erzeugten "einen Space-Trip mit wuchtiger Baß- und Schlagzeugarbeit, der gefangen- nahm und im Stil von Pink Floyd, King Crimson oder Hawkwind und, in der Dyna- mik, an Velvet Underground erinnerte" (MUSK EXPRESS).
Nach einer Tournee im Vorprogramm der britischen Fusion-Band If spielten sie das zweite Album, 'A Tab In The Ocean' ein, das 1972 erschien, und sich musikalisch auf konventionellere Rock- und Blues-Ein- flüsse konzentrierte. Die Mitglieder ordne- ten es als "aktuelleren progressiven Stil" (MOORE) ein. Für viele Anhänger enthielt dieses Album den definitiven Nektar-Stil. Die 1. Seite des "schwer zugänglichen Albums mit Lyrikkaskaden" (SOUNDS), bestand aus dem Titel-Stück und enthielt "Space Rock mit viel Gitarre und Orgel, mit Reminiszenzen an King Crimson und Moody Blues, während die zweite Seite mit Hardrock ausklang, der natürliche Höhepunkte im musikalischen Fluß bildete" (LONGHAIR). Ihr drittes Album '...Sound Like This' (1973) war eine "futuristische Arbeit, die Bands wie Hawkwind mitunter wieder auf den Erdboden zurückholte" (MELODY MAKER). Nektar zähl- ten im Mai 1973 in der Festhalle in Frankfurt/M zu den Top-Acts beim German Super Rock Concert – neben Passport, Kraan, Karthago, Guru Guru, Birth Control, Agitation Free, Atlantis, Amon Düül II u.a. und begleiteten im Spätsommer Frank Zappa auf dessen Europa-Tournee. Allerdings liefen die laufenden Ko- sten, mit ca. 30.000 D-Mark pro Monat, aus dem Ruder.
Nicht nur deshalb wollten Nektar ihren Musikstil kom- merzieller gestalten, sahen sich aber selbst "immer als People-Band" (MOORE).
Nektars 73er US-Veröffentlichung 'Remember The Fu- ture' brachte der Band dort kurzzeitig größere Bekannt- heit. Fast schon zwangsläufg erfolgte kurze Zeit später der vorübergehende Umzug in die USA. 'Remember The Future' war wieder ein Konzeptalbum und wieder bestand es aus einem Titel, der über beide Seiten ging. Die LP wurde in den USA vergoldet und in Deutsch- land von den 'Musik-Express'-Lesern im Jahres-Poll zur "Besten Platte des Jahres 73/74" gewählt. Das 74er Live-Album 'Sunday Night At London Roundhouse' enthielt auf der einen Seite einen Live- Mitschnitt vom 25. November 1973 im Roundhouse, einem damals sehr berühmten Veranstaltungsort im Londoner Bezirk Camden. Die zweite Seite war im März 1974 im Chipping Norton Studio in Oxforshire aufgenommen worden – ebenfalls live.
Das 74er Album 'Down To Earth' war ein weiteres Konzeptalbum (diesmal ging es um ein Zirkusthema). Als Gäste wirkten die 60er-Jahre-Ikone P.P Arnold (voc), Steve Gregory (sax) (ex-Alan Price Set), Chris Mer- cer (sax) (ex-Juicy Lucy, -Keef Hartley Band), Chris Pyne (tb) (ex-Blues Incorporated), Bob Calvert (voc) (ex-Hawkwind) und eine komplette Bläser-Sektion mit. "Die vielen Bläser erdrückten den schönen Nektar- Sound, dem diesmal einfach ein Schuß Rhythm & Blues fehlte" (SOUNDS). Beim nächsten Album, 'Recycled' (1975), standen augenscheinlich Bands wie Gentle Giant stilistisch Pate. Es setzte die enge Verbindung der Band mit Progressive Rock fort. Vor den Aufnahmen zum 77er Album 'Magic Is A Child', hatte Roye Albrighton die Band verlassen. Für ihn kam Sänger/Gitarrist Dave Nelson neu hinzu. 1977 und 78 erschie- nen mit 'Live In New York' und 'More Live Nektar In New York' zwei Alben, die ein Konzert in der Academy Of Music, New York City aus dem Jahr 1974 enthielten.
1978 löste sich die Band auf, aber ein Jahr später reformierten Albrighton und Freeman die Band mit dem Bassisten Carmine Rojas (später in der Band von David Bowie) und dem Schlagzeuger Dave Prater und veröffentlichten ein neues Album, 'Man In The Moon' (1980). 1982 löste sich die Band wieder auf. Danach wurde es lange still um Nektar.
KRAUT! ist ein feiner Krautrock-Querschnitt in vier Ausgaben, regional nach Regionen – Norden, Mitte, Süden und Berlin – sortiert, mit den größten Hits, viel längst vergessener Musik und den wichtigsten Songs.
Burghard Rausch
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